Partei in der Krise und Grundwerte verloren?

Veröffentlicht am 28.09.2005 in Politik

Jenseits der Demoskopie steckt die Regierung ( Rot und Grün ) in Nöten.
Die großen Reformvorhaben sind schwerer Stoff, der nicht so leicht zu verarbeiten ist.

Ein Staat, eine Nation hat sich in einer Krise wiedergefunden, die offenbar nur von der jetzigen Regierung zu vertreten ist. Die vorherige Regierung wird in einer schnelllebigen Zeit natürlich nicht mehr zur Verantwortung gezogen. Darüber zu jammern machte wenig Sinn - auch wenn viel Ballast übernommen wurde, der nicht so nebenbei zu entsorgen ist. Die konservativen Medien lassen solche Einwände nicht gelten. Also wenden wir uns konzentriert den aktuellen Gegebenheiten und Notwendigkeiten zu.
Kein denkender Mensch kann davon ausgehen, dass die großen Reformprojekte in wenigen Monaten zu bewerkstelligen sind. Die von den Wählerinnen und Wählern derart deutlich bestimmte konservative Mehrheit im Bundesrat erschwert die Regierungsarbeit in Berlin zusätzlich; ein Blockadeinstrument ist entstanden. Auch hierüber muss gesprochen werden, ein andauerndes öffentliches Beklagen hilft jedoch nicht.
Außerdem stellt die Arbeitsmarktsituation vor dem Hintergrund eines globalisierten und damit in großen Teilen national weitgehend unkontrollierbaren Wirtschaftsgeschehens gerade für Sozialdemokraten eine erdrückende Belastung dar. Solidarität, Freiheit und Gerechtigkeit unter diesen Vorzeichen zu verwirklichen und zu erhalten, wer sollte dieses Ziel erreichen?
Hier rächt sich, dass regierende Politikerinnen und Politiker aller Parteien in konjunkturell guten Zeiten immer behauptet haben, dass sie in der Hauptsache für diese gute Situation gesorgt hätten. So oder so ähnlich kam das auch von Gerhard Schröder an, als die Zeichen noch auf Wachstum und Abbau der Erwerbslosigkeit standen. Weshalb sollten die Bürgerinnen und Bürger in schlechteren Zeiten die Verantwortung nicht ebenfalls dem Kanzler und seinen Leuten zuschieben?
Wer fragt nach den gewichtigeren Gründen, die sich aus den globalen Entwicklungen und – verrückterweise ! - aus den zum Teil undefinierbaren Stimmungsschwankungen der Börsenspieler auf den großen Aktienmärkten dieser Erde ergeben? Wieviel Zukunft wurde vor wenigen Jahren auf den Finanzplätzen verspielt? Eine ungeheure Zahl US- amerikanischer Rentnerinnen und Rentner können davon berichten – und nicht nur sie.

Diese Bedingungen scheinen dann lediglich noch monokausale Erklärungen hervorzubringen. So sind die Arbeitskosten das einzige Argument, das momentan als Ursache für eine Vielzahl unserer Probleme angeführt wird. Kein Mensch wird eine gewisse Wirkung dieses Faktors leugnen wollen. Fragen wir aber genauer nach, so zeigt sich schnell, dass die Bedeutung dieses Faktors je nach Branche, Betrieb oder Region recht unterschiedlich ausfällt. Außerdem gibt es immer wieder Beispiele für gut funktionierende Betriebe in schwächelnden Branchen. Bestehen vielleicht doch auch große Unterschiede hinsichtlich der Qualitäten der entscheidenden Führungkräfte in den Unternehmen? Die gut dotierten „Lautsprecher“ der Wirtschaftsverbände schaffen es, der herrschenden Meinung im Lande solche Differenzierungen auszureden. Genau genommen müssen wir für Teile der Wirtschaft in Deutschland und EU- Europa sogar davon ausgehen, dass die Arbeitskosten schon bald an Staaten wie Indien oder anderen Entwicklungs- bzw. Schwellenländern gemessen wird. Wann fordern die Verbandsleute eine Anpassung der Löhne und Gehälter an dortiges Niveau? So geht es nicht! Schon ganz und gar abstrus wird die Geschichte, wenn sich einige „geniale“ Manager mit Traumeinkommen auch noch durch Unfähigkeit unabkömmlich zu machen glauben. Welche finanzielle Abfindung erhalten solche „Pechvögel“? Gerechtigkeit! Solche „Neiddiskussionen“ müssen wir führen, denn sonst gehen alle Maßstäbe endgültig verloren. Solidarität! Was scheren sich die Verbandssprecher um die zunehmende und erdrückende Last, die von Globalisierungsopfern, heutigen oder künftigen Langzeiterwerbslosen, zu tragen ist? Wieviel Verunsicherung der Angehörigen wird in Kauf genommen? Der Gedanke an die Auswirkungen auf die Kinder solcher Ausgebrauchter wird zur akademischen und damit letztlich unwichtigen Debatte erklärt. Freiheit! Wer kann eine immer aufs Neue proklamierte neue persönliche Freiheit nutzen? Ab welchem Einkommen und in welcher Position verdient sich ein Mensch Freiheit?
Grundwerte sind immer gültig! Das beschrieb Erhard Eppler im November – Vorwärts in einfachen und klaren Sätzen. Alle Politik hat sich an Grundwerten zu orientieren. Dann finden auch die Menschen, für die Politik gemacht wird, eine Leitlinie, wonach sie ihre Präferenzen, ihre Wahl und im besten Falle ihr Engagement ausrichten.
Das momentane Problem der SPD besteht darin, dass viele Menschen glauben, im Zuge der aktuellen und unübersichtlich gewordenen Reformdebatten seien dieser Partei die Grundwerte abhanden gekommen. Sie haben Angst vor einer Beliebigkeit, die zuvor dieser Partei nicht zugetraut wurde. Dies ist ein besonders gravierender Aspekt in der aktuellen Situation. Wir haben nicht lediglich ein Vermittlungsproblem, so einfach dürfen wir es uns nicht machen, aber wir haben auch ein entscheidendes Kommunikationsproblem, das wir schleunigst lösen müssen. Wir sind gezwungen, endlich aufzuzeigen, dass wir eben unsere tradierten Grundwerte nicht über Bord kippen werden, dass es keine Beliebigkeit geben wird. Die individuellen Folgen – die positiven und die negativen - der anstehenden Reformen müssen vor diesem Hintergrund glaubhaft vermittelt werden. Die nötigen Zielbeschreibungen benötigen unabdingbar eine verlässliche Wegangabe. Verunsicherung ist keine geeignete Einladung zum Mitmachen! Hier finden sich innerhalb der Partei und des professionellen Apparates große Versäumnisse. Die konservativ geprägte Presse wird uns den Gefallen kaum tun, darauf hinzuweisen, dass die anderen Parteien keine oder viel schlechtere, d.h. ungerechtere Konzepte in der Schublade liegen haben. Wir müssen unsere Ziele aufzeigen und die Menschen von der Zukunftsfähigkeit überzeugen. Modernität bedeutet gerade nicht den Verzicht auf Verlässliches. Neue und bessere Antworten im politischen Streit zu finden, dafür braucht es feste Grundüberzeugungen. Gerechtigkeit, Solidarität und Freiheit in jeder denkbaren Reihenfolge bedingen sich. Verlieren wir auch nur einen dieser Grundwerte aus den Augen, so geht letztlich jede Gesellschaft substantiell unter, wird zur beliebigen Masse für Oligarchien, die Gesellschaft lediglich als eigenen Zweck definieren.
In Staaten, in denen der wild gewordene globalisierte Kapitalismus schon länger die politische Agenda bestimmt, erwachen zur Zeit einige Leute mit großem Schrecken und erkennen, dass ein Verzicht oder Teilverzicht auf einen starken ( demokratischen !!! ) Staat in noch viel größere Schwierigkeiten führt. Etliche Dienstleistungen und Angebote lassen sich nicht lediglich nach materiellen Gewinnerwartungen organisieren. Die Alternative zu dieser Erkenntnis heißt Zynismus. Internationale Regeln müssen geschaffen oder erweitert werden, damit sich nicht eine globale Diktatur realisiert, die unsere Grundwerte nicht kennt und nicht kennen will.
Unsere alte Partei hat noch immer die Voraussetzungen, einen positiven Prozess zu gestalten. Gerade unsere lange Geschichte macht uns stark für die dabei heftig zu führenden Debatten und parlamentarischen Auseinandersetzungen. Zunächst müssen wir jedoch verlässliche Zielbeschreibungen anbieten, um dann sogleich an den Streit um geeignete Wege zu gehen. Dabei sprechen wir möglichst mit allen interessierten Menschen über die Prioritäten, die gegebenenfalls zu setzen sind. Worauf warten wir?

 

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